Geschrieben von Tomas Kaupeny

9. Mai 2020

Meine Lieben!

 Als ich unlängst spät in der Nacht heimkehrte, stutzte ich irritiert. War das jetzt ein Schrei, oder war´s bloß eine rostige, nicht geölte Türangel? Da, – wieder! Ganz still steh ich, ganz Ohr: und wieder, klagend, – verzweifelt !? Ich versuch die Richtung zu orten, lausche, am geöffneten Fenster stehend, hinaus in die dunkle Nacht: Nein, das ist kein Menschenkind. Aber – vielleicht ein kleiner Marder, aus der Nesthöhle gefallen? Oder wurde die Mutter vergiftet, und er ist am Verhungern? Ein junger Turmfalke könnt´s auch sein, an die Wand geprallt, abgestürzt… Schritt für Schritt folge ich – wie ein Kind mit verbundenen Augen: `Warm, warm! Kalt – kaalt! Heiß!…´ diesen Klagerufen – und – werde bei Lisi fündig: Anna, meine Nichte, hat ihr ein Filmchen auf´s Handy geschickt: fünf Babykatzen jammern nach der Mama… Da fällt´s mir wieder ein: jetzt kommt ja Muttertag!

Also: Innig `Danke´ und `Vergelt´s Gott´ Euch Müttern, – und Euch Frauen mit dem mütterlichen Herzen: Ihr haltet die Welt z´am!

Wort zum Sonntag

Predigt vom 4. 7. 2021

"Es gibt im Menschen den Hang zur Philosophie des "nichts anderes als...Der ganze Mensch is nix anderes als...". Tomas lädt ein zum Nachdenken über die Versuchung der Abwertung des Anderen und zur Wertschätzung des Lebendigen. (m)EINBLICK – CWs KolumneWas Dich noch...

PROPHETEN-LOS ?

Bibelrunde14. Sonntag im Jahreskreis Halleluja. Halleluja. Der Geist des Herrn ruht auf mir. Der Herr hat mich gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu bringen. Halleluja.Eindrucksvoll, wie dieser Vers aus dem Psalm 123 – als „Antwortpsalm“ zwischen den Lesungen –...

Predigt vom 27. 6. 2021

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Bedrohtes Leben

BibelrundeMarkus 4, 35 – 41  Am Abend dieses Tages sagte er zu ihnen: Wir wollen ans andere Ufer hinüber fahren.Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg. Einige andere Boote begleiteten ihn.Plötzlich erhob sich ein heftiger...

Predigt vom 13. 6. 2021 -„Senfkorn“

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Predigt vom 6. Juni 2021

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Predigt 30. 5. 2021 – Vom Entgegenkommen

"Da trat Jesus auf sie zu." Ausgehend von diesem Wort erzählt Tomas, in welchen Begegnungen und Situationen er das Entgegenkommen Jesu zuletzt erfahren hat. Im Alltäglichen und Zu-Fälligen: Eine Feier im Mutter-Kind-Haus, ein Besuch in einem Obdachlosenhaus,...

Predigt am Pfingstsonntag 23. 5. 2021

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Quelle und Fels und Licht und Leben…

Pfingstsonntag   Noch ganz lebendig ist der Eindruck, den die Predigt von Tomas am vergangenen Sonntag hinterlassen hat: Die 99 und noch mehr Namen Gottes…  Was zu Pfingsten geschehen ist, lässt sich wohl kaum wirklich beschreiben. Die Berichte sind voll von...

Spiritual zur Einstimmung:

There is a balm (Nina Simone)

There is a balm in Gilead

to make the wounded whole;
There is a balm in Gilead

to save our sin-sick soul.

 

If you can´t preach like Peter,

if you can´t pray like Paul,
You can tell the love of Jesus;

„He died to save us all.“

 

 

Sometimes I feel discouraged,

and think my work´s in vain
Oh, but then the Holy Spirit

revives my soul again.

 

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Da gibt´s einen Balsam in Gilead,

um das Verwundete heil zu machen;
Es gibt einen Balsam in Gilead,

um unsre sündenkranke Seele zu retten.

 

 Auch, wenn du nicht wie Petrus predigen kannst,

wenn du nicht wie Paulus beten kannst,
kannst Du von der Liebe Jesu erzählen;

„Er ist gestorben, um uns alle zu retten.“

 

Manchmal fühle ich mich entmutigt,

und denke, meine Arbeit ist umsonst
Oh, aber dann belebt der Heilige Geist wieder meine Seele.

Schriftliche Predigt von

Tomas KAUPENY

zu Joh 14,1-12

Auf Wiedersehen

In jener Zeit…

Erinnerungen

 Wenn ein uns nahestehender Mensch verstorben ist, wissen wir: Wie schwer´s auch fällt, wir werden lernen müssen, damit zu leben. Das Faktum haben wir ja zur Kenntnis genommen, aber wir können´s einfach noch nicht fassen, wahrhaben. Traurig, verstört und verwirrt raufen wir mit dem Unbegreiflichen. Es braucht Zeit, Zeit und Geduld mit sich selbst und mit den anderen, bis sich die Dinge von innen her wieder neu ordnen. Es braucht Zeit, bis uns auf einmal klar wird, wie viel wir diesem Vorausgegangenen verdanken, wie reich er uns beschenkt hat, wie lebendig er nun in neuer Weise gegenwärtig ist – bis zum Wiedersehen.

Es tut gut, sich auf diesen langen Wegstrecken immer wieder zusammenzusetzen, um einander von der erfahrenen Fülle der Begegnung zu erzählen, sich an dies und das und oft grad auch an die letzten Worte des Verstorbenen zu erinnern. Und das wehmütige Lächeln, das in solchem Beisammensein da und dort, dann und wann unter Tränen aufleuchtet, ist wohl schon die Verheißung, dass die tiefe Wunde zu heilen beginnt.

 Als unser Vater verstorben war, sind wir am nächsten Abend als Geschwister beisammen gesessen, haben erzählt und gestaunt: „Lisi-Kind, sag wie lang dauert´s denn jetzt noch, bis das Butzi kommt?“ hat er mit verständigem Blick auf ihren großen Bauch nachgefragt. „Zwei Monate“, antwortet Lisi. „Geburtstermin ist 16. Mai.“ „Hmm“, meint der Vater, „das wird sich leider nicht mehr ausgehen. Wie auch immer: Alles Gute Euch!“ – Anteilnahme und Fürsorge bis zuletzt.

Mich hatte er gebeten, ihm einmal noch bei der Rasur behilflich zu sein: die dichten, harten Bartstoppeln stören ihn. Wie Hiob stand er da vor mir: ausgezehrt und abgemagert, todkrank. Kritisch betrachtet er sich im Badezimmer-Spiegel. Dann klatscht er sich überraschend kraftvoll mit beiden Händen Pitralon auf die Wangen. „Gut gemacht, gut gelungen!“ zwinkert er mir im Spiegelbild zu. „Tomas, was meinst: – jetzt sieht man den Krebs wieder besser !?“ „Naja“, antworte ich verlegen, da unterbricht er mich: „Sag nicht `Naja´. Sag `Ja´ oder `Nein´!“ – „Ja“, sag ich. „Na eben“, ergänzt er schmunzelnd. Das war so seine Art von Humor…

„Reginlein, sei so lieb, mach mir einmal noch eine Eierspeis. Aber – weißt eh: So wie´s der Tomas macht: mit Speck, Zwiebeln und Paprika!“ Verständlicherweise konnte er davon nur drei kleine Gabelbissen zu sich nehmen, – die aber mit sichtlichem Genuss. Innig bedankt er sich bei seiner Ältesten.

Und – unabhängig voneinander – haben wir Geschwister ihm dann in der letzten Nacht seines Lebens aus den „Abschiedsreden nach Johannes“ vorgelesen. Zu diesen Worten hatte er seit den Kriegstagen eine ganz besonders tiefe Beziehung. Es sind die Worte unseres heutigen Sonntagsevangeliums.

Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.

Joh 14,1-12

Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.

 In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich!
Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.
Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt:
Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?
Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe,
komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.
Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr.
Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst.
Wie können wir dann den Weg kennen?
Jesus sagte zu ihm:
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben;
niemand kommt zum Vater außer durch mich.
Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen.
Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen.
Philíppus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns.
Jesus sagte zu ihm:
Schon so lange bin ich bei euch und du hast mich nicht erkannt, Philíppus?
Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.
Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater?
Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist?
Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst.
Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke.
Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist;
wenn nicht, dann glaubt aufgrund eben dieser Werke!
Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt,
wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen
und er wird noch größere als diese vollbringen,
denn ich gehe zum Vater.

 

 

Euer Herz lasse sich nicht verwirren

Von Not und Segen

Mich verwirren will das Irren;

Doch du weißt mich zu entwirren.

Wenn ich handle, wenn ich dichte,

Gib du meinem Weg die Richte.

(J.W.v.Goethe)

 

Verwirrt, verstört, verängstigt. Ach, wie vertraut uns das ist. Hinter verschlossenen Türen haben sie, noch ganz benommen vom Jesu Tod, vermutlich auch einfach zusammengetragen, was ihnen so eingefallen ist aus seinem Leben – und lang grad vom letzten Abend gesprochen: „In unser wüstes Durcheinander hinein hat er gefleht `Euer Herz lasse sich nicht verwirren´ – mein Gott, der hat uns ja voll durchschaut und uns trotzdem oder vielleicht grad deshalb doppelt so lieb g´habt!?“ „Ausweglos!“, hat Thomas gemeint. Und Jesus drauf: „Klammer´ Dich jetzt bitte bloß an der starken Planke meines Gottvertrauens fest, wie ein Schiffbrüchiger auf hoher See. Ich bin Dein Weg ans rettende Ufer, ich lass Dich sicher nicht im Stich, egal, was passiert. Drauf kannst Dich verlassen, das ist die Wahrheit, für die steh ich ein: mir geht´s um Dein, um Euer Leben, Eure Lebendigkeit. Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Ich geh für Euch, – um Euch einen Platz zu bereiten…“

Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen

Von Wohnungssuche anderer Art

 Man muss sich in der Betrachtung dieses Satzes nicht gleich in Spekulationen über Himmel, Hölle, Fegefeuer verlieren… Wir dürfen zunächst getrost einmal im Irdischen und im eigenen Herzen nachspüren – schon da gibt´s doch so viel Wunderbares und Staunenswertes, so viel Lebensraum. Mein Gott, was haben wir mit kindlicher Entdeckerfreude alles ausgekundschaftet, mit offenem Mund gestaunt über die bunte Vielfalt an Wohnungen im Tierreich: An jedem Fuchsbau gelauscht und uns eingebildet, die kleinen Füchslein drin winseln zu hören. Das Rebhuhngelege im freien Feld entdeckt, auf Zehenspitzen in die Meisenhöhle gespäht. Manchmal dann furchtbar erschrocken, wenn die Meiseneltern uns plötzlich mit aufgeregtem Geschimpf und wildem Geflatter davon gejagt haben. Der riesige Ameisenhaufen und die emsige Betriebsamkeit seiner Bewohner. Tautropfenglitzernd gruselige Spinnennetze mit der ausgesaugten Hülle ihrer Opfer. Und dort: die gallertigen Froschlaich-Blasen am Rand des Tümpels. Die fette Erdkröte im kühlen Wasserschacht, und, und, und…. Später dann gern in Readers Digest – Jugendbüchern geblättert, die Illustrationen studiert: über Lebensweise und die notgedrungen der Umwelt abgeschaut und angepasste Wohnstätte des Homo Sapiens auf der ganzen Erde: Die Höhlen-Bewohner und die Zelt-Leute. Eisige Iglus, in denen´s doch warm wird, die Bantu-Bienenkorb-Hütten, die Baumhäuser, die Pfahlbauten, die Wohnboote. Der Buschmann und seine Familie errichten einen Unterstand für die Nacht…

Im Vordergrund sind Regina und Tomas, im Hintergrund Lisi Kaupeny am Maltschachersee in Kärnten

Heutzutag´ fasziniert mich all das nicht weniger als damals, ganz besonders aber dieses, vor allem dem Menschen verliehene Reich der Innenräume: Das weite Land der Phantasie sowie jenes nächtlich so geheimnisvolle Lichtspieltheater der Träume, die alle Stückln spielen. Das feuchtkalt dunkel unheimliche Verließ unserer Ängste – dieser verdammten Ausbruchskünstler… Die immer zu knapp bemessene Gepäck-Aufbewahrungsstation, überfrachtet ständig von schwerer Sorge noch und noch. Die eingezäunten saftigen Weiden unserer dann und wann ungezügelt ungestüm angaloppierenden Wünsche und Sehnsüchte. Die Stehgreifbühne der Einfälle, Ideen und Zufälle… Und in und mit all dem die Innigkeit der Beziehung. Ja- und da gibt´s auch noch jene kleine, stets von Vergessen und Verfall bedrohte Kapelle unserer schwächelnden Gebete – ihre Tür steht immer offen, ein Kerzerl flackert im Halbdunkel. Auch ein uralter harter Beichtstuhl findet sich dort, – für´s reuige `Es tut mir leid. Verzeih! ´,  `Ich bitt´ um Entschuldigung´,  `Werd mich wieder ehrlich bemühen…´

Das weite offene Herz

 

Am Montag dieser Woche erreicht mich die Nachricht, unsere liebe Herta, Frau Herta Mayer ist Sonntag, kurz vor 12 Uhr Mittag verstorben. Friedlich eingeschlafen und wohl im Himmel aufgewacht. – An einem Sonntag! Der ihr liebste Tag der Woche, der alle übrigen Wochentage geordnet, erleuchtet und beflügelt hat zu nimmermüder Sorge für Kinder und Enkelkinder, Freunde und Nachbarn, – für so viele, viele… Ab Sonntag- Mittag hat sie sich immer schon drauf gefreut, alle wiederzusehen in der Caritas-Gemeinde. Zehn Jahre lang bekam ich Sonntag für Sonntag einen seitenlangen Brief überreicht: „Da hast. Steck´ das ein. Hab Dir alles aufgeschrieben. Seh´ eh, dass viel zu tun und die Zeit knapp ist…“ So rücksichtsvoll.

Knapp vor 12:00…

Als Kind war sie jahrelang auf einem Bauernhof in der Steiermark, früh schon zu harter Arbeit herangezogen. Aber das kleine Mädchen weiß: Die Sonne steht hoch, jetzt werden gleich die Mittagsglocken läuten, „´s Zwölfe-Läuten zum `Angelus´“ – `Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft´ werden sie gemeinsam im halblauten Gebets-Singsang murmeln als Tischgebet. Und dann – endlich: Essen! Ausruhen! Neue Kräfte Sammeln…

Szenenwechsel:

Sonntag kurz vor 12:00: Gottlob, coronabedingt, erstmals seit langem wieder, kommt meine ganze Familie zusammen. „A bisserl dauert´s no bis zum Essen“ – da: keine Ahnung warum, wieso, wozu – nehm ich das aus einem Stück Holz geschnitzte, dornengekrönte Antlitz Jesu Christi vom Regal am Fußende meines Bettes, befrei´s von der Staubschicht, betrachte es eingehend und andächtig.: Herta hat´s mir geschenkt beim Besuch am Valentinstag: „Das wird Dich immer an mich erinnern!“ hat sie dazu gesagt.

Sonntagmittag… Im Rückblick irritiert und fasziniert mich diese geheimnisvolle Gleichzeitigkeit und ihre Botschaft. Ich staune über dieses nochmalige Zusammentreffen zweier Herzen im schlichten Abbild des Dornengekrönten: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen…“ Hertas Abschiedsgruß an mich, und – „Sonntag!“ – wohl an Euch alle

Am Freitag, 15. Mai 2020, um 10 Uhr werden wir, was sterblich war an ihr, auf dem Friedhof Baumgarten zur letzten irdischen Ruhestätte begleiten.

Gebetsanregung zum Weiterdenken

 

Als mich der Doktor kopfschüttelnd gefragt hat, warum ich nicht schon früher gekommen bin – „…Hör´n S´, das müssen doch arge Beschwerden und furchtbare Schmerzen g´wesen sein?“ – da konnte ich nur stumm und verlegen die Schultern hochziehen.

Hätt´ ich ihm sagen sollen, dass ich täglich 2 – 3 Parkemed geschluckt hab, – wochenlang…

Jetzt hab ich die Bescherung.

Ach Gott, ich muss die Sissi anrufen, ich fürcht´, die ist grad im Begriff, genau den gleichen Blödsinn zu machen, wie ich…

 

„Was heißt, Sie haben nichts gewusst davon. – Die Vorladung kam für sie aus heiterem Himmel? Sag´n S´, Sie müssen doch mindestens 4 Zahlungserinnerungen und 3 Mahnungen bekommen haben, oder…?!“

Nervös hab ich an meinen Lippen genagt.

Hätt´ ich ihm sagen sollen, dass ich eine Zeitlang alle amtlichen Briefe einfach ungeöffnet zerknüllt und in den Papierkorb gestopft hab…?

Jetzt wird mir die Rechnung präsentiert.

Ach Gott, ich muss das unbedingt dem Karli erzählen, ich fürcht´, der ist grad im Begriff, genau den gleichen Blödsinn zu machen, wie ich…

 

„Ja, so ist es. – Traurig, aber wahr. Jetzt is´ zu spät; dran gibt´s nichts mehr zu ändern: Tut leid, – aber es hat sich ja abgezeichnet – oder…?“

Diese Nachricht traf mich wie ein Keulenschlag. Ich fühlte, wie meine Augen brannten und sich mit Tränen füllten. Hätt´ ich ihm sagen sollen, wie oft ich mir fix vorgenommen hatte, sie im Spital zu besuchen. Aber jedes Mal war mir dann – verrückt! – eben doch irgendwas anderes wieder wichtiger. Jetzt is´ zu spät…

Ach Gott, ich muss das unbedingt der Gerda erzählen. Ich fürcht´, die ist grad in Begriff, genau den gleichen Blödsinn zu machen, wie ich…

 

„Sag, was ist eigentlich los mit Dir? Du bist in letzter Zeit sowas von nervös und ungeduldig. So dünnhäutig und gereizt. Und hauptsächlich hört man von Dir wildes Geschimpfe, Jammern und Gejeier über irgendwas oder irgendwen… ziemlich schwer zum Aushalten. Das sag´ ich Dir ehrlich!“ – An dieser Stelle hab ich das Telefonat wütend wortlos abgebrochen.

Weil – – ich weiß ja, er hat recht – ich spür´s ja eh selbst. Hätt´ ich ihm sagen sollen, dass ich irgendwie vor mir selbst auf der Flucht bin? Dass ich jede Gelegenheit zum Nachdenken, zum Zur-Ruhe-Kommen meide? Dass ich die Stille nicht aushalte – obwohl ich doch grad die Stille früher so geschätzt und draus geschöpft habe…  Nicht aushalte, weil – Ja… – weil… – Wenn ich das wüsste…

Ich muss ihn anrufen und mich entschuldigen. Und fragen, was er glaubt…

 

Meine Lieben,

 In Wien sagt man, des alten Kaiserwortes gedenkend, oft: `Es war sehr gut, es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!´ Und häufig folgt drauf vom Gegenüber jenes vertraute: `Die Freude ist ganz meinerseits!´

Nun, die Inkarnation dieser Worte durfte ich in dieser Woche endlich wieder erfahren beim Besuch vieler alter, kranker, einsamer Menschen – wahrlich herzerfrischend, deren Freude mitzuerleben und selber von ganz tief drinnen zu spüren. Die telefonische Anmeldung davor, der Gesundheitscheck beim Betreten des Hauses, die Maskenpflicht und selbstverständliche Desinfektion vor und nach jedem Besuch nimmt man da gern als notwendige Schutzmaßnahmen in Kauf.

Viele Grüße an die ganze Gemeinde wurden mir aufgetragen, ich darf sie Euch auf diesem Weg ausrichten. Für uns alle erbitte ich Gottes Segen in den vielen kleinen großen Zeichen der Zuneigung und Zuwendung, die Kraftquelle zum Durchhalten und Weitergehen.

 

Geht, sucht und bringt, bitte, Frieden!

Danke sei Gott!

 

In alter Verbundenheit immer

Euer Tomas