Rede, Herr, ich höre!

Geschrieben vonBerta
Bibelrunde
2. Sonntag im Jahreskreis
Die erste eindrucksvolle Entwicklungs- und Nachfolgegeschichte wird uns heute im Buch Samuel zur Betrachtung angeboten: Nicht Eli erhält den Auftrag, den 1. König für Israel zu salben, sondern sein noch unerfahrener Schüler Samuel. Samuel kann die Stimme Gottes zunächst nicht erkennen und verwechselt sie mit der seines väterlichen Lehrers.
Lesung aus dem ersten Buch Samuel:
1 Sam. 3, 3-19
In jenen Tagen
schlief Samuel im Tempel des HERRN,
wo die Lade Gottes stand.
Da rief der HERR den Samuel
und Samuel antwortete: Hier bin ich.
Dann lief er zu Eli
und sagte: Hier bin ich,
du hast mich gerufen.
Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen.
Geh wieder schlafen!
…
Samuel kannte den HERRN noch nicht
und das Wort des HERRN
war ihm noch nicht offenbart worden.
Da rief der HERR den Samuel wieder,
zum dritten Mal.
Er stand auf und ging zu Eli
und sagte: Hier bin ich,
du hast mich gerufen.
Da merkte Eli, dass der HERR den Knaben gerufen hatte.
Eli sagte zu Samuel: Geh, leg dich schlafen!
Wenn er dich ruft, dann antworte:
Rede, HERR; denn dein Diener hört.
Samuel ging und legte sich an seinem Platz nieder.
Da kam der HERR,
trat heran und rief wie die vorigen Male:
Samuel, Samuel!
Und Samuel antwortete:
Rede, denn dein Diener hört.
Samuel wuchs heran
und der HERR war mit ihm
und ließ keines von all seinen Worten zu Boden fallen.
Israel steht vor einer Zeitenwende .
Die Ära der Richter geht zu Ende. Mit Saul soll der erste König gesalbt und eine neue Epoche eingeleitet werden.
Der junge, unerfahrene Schüler Samuel wird dazu auserwählt.
Wenn Neues ansteht, gilt es, ausgetretene Wege zu verlassen, ist Offenheit, Naivität, Einfachheit gefragt.
Es ist nicht von Anfang an eindeutig, was Gott will.
Samuel wächst in die Klarheit, Verantwortung hinein…

Die zweite Entwicklungs- und Nachfolgegeschichte finden wir heute im Johannesevangelium. Es geht um die große Zeitenwende: Johannes der Täufer, der Asket, der Wüstenprediger weist auf Jesus hin, das Lamm, den Beziehungsmenschen, der hört, sieht, wohnt. Das erste Zitat Jesu im Johannesevangelium heißt: Was sucht ihr? Er wendet sich den Menschen so zu, dass sie ihm vertrauen. Einige setzen alles auf eine Karte, indem sie sich ihm anschließen, ihm folgen.
Johannes 1, 34-42
Am nächsten Tag war Johannes mit zwei von seinen
Jüngern an derselben Stelle.
Als er Jesus vorbeigehen sah, sagte er: „Dieser ist das Opferlamm Gottes.“
Die beiden hörten es und gingen Jesus nach.
Jesus drehte sich um, sah, dass sie ihm folgten, und fragte: „Was sucht ihr?“ Sie antworteten: „Wo wohnst du, Rabbi?“ – Dieses Wort bedeutet Lehrer.
„Kommt und seht es selbst!“ antwortete er. Sie gingen mit ihm, sahen, wo er wohnte, und verbrachten den Rest des Tages mit ihm. Es war ungefähr vier Uhr nachmittags.
Einer von den beiden, die die Aussage des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren, hieß Andreas. Er war der Bruder des Simon Petrus.
Als er bald darauf seinen Bruder Simon traf, sagte er zu ihm: „Wir haben den versprochenen Retter gefunden.“
Dann nahm er ihn mit zu Jesus. Jesus sah ihn an und sagte: „Du bist Simon, der Sohn des Johannes. Du sollst nun Kefas heißen.“ Das ist das hebräische Wort für Petrus und bedeutet Fels.
Für die stille Ecke
Sicher ist dir aufgefallen, wie viele Verben in dieser Perikope das Verhalten Jesu beschreiben.
Lass Jesu Worte, Blicke, sein Verweilen und Auf-dich-Eingehen bei dir ankommen.
Was antwortest du auf Jesu Fragen?
Was verbirgt sich bei dir hinter der Frage „Wo wohnst du?“ (Können wir ungestört reden?
Wie lebst du? Hast du Zeit? Darf ich dich näher kennenlernen?…)
Hast du lieben Menschen auch schon einmal einen Kosenamen gegeben? Welchen magst du wohl von Jesus bekommen, ihm geben?
Geht dir auch manchmal der Mund über, weil – wie bei Andreas – das Herz voll ist?


Jünger werden
Wer mein Jünger sein will,
der verleugne sich selbst und
folge mir nach.
jugendlich trunken
meinte ich alles zu geben
und dir egal wohin
lässig zu folgen
alt und ernüchtert
möchte ich vor allem zugeben
egal wohin ich auch gestolpert bin
bist du mir unablässig nachgefolgt.
Andreas Knapp
Jede Aussage über Gott, jede „Gotteserfahrung“ …„muss diesseits des Unsagbaren bleiben, liegt also auf unserer Seite der Beziehung zwischen Gott und uns. Und doch sagt er nicht nur über uns etwas aus, sondern auch über Gott. Der kleine, rote, schwarz-getupfte Käfer, der sich auf meine Fingerspitze setzt, macht eine wirkliche Erfahrung von mir, wie begrenzt sie auch immer sein mag. Wenn er sie in Worte fassen könnte, wäre er imstande, etwas über mich zu sagen, was stimmt. Was wir von Gott aussagen können, ist noch unendlich unzulänglicher, aber es kann doch auch stimmen. … „Wenn ich zu dir rufe, hörst du mich.“ Wer diese Erfahrung machen will, muss vertrauend rufen. Freilich besteht die „Antwort“ vor allem im Bewusstsein, gehört zu werden. Aber ist das alles nicht nur Projektion? Ja, soweit jedes Bild Projektion ist. Nein, insofern das Bild doch etwas von der Wirklichkeit erfasst. Zu jeder echten Beziehung gehört das Hinhorchen aufeinander, also auch zu unserer Gottesbeziehung.
David Steindl-Rast
Rede, Herr, ich höre!
Du hast mir Ohren geschenkt. Ja, ich höre!
Ich rufe zu dir – und ich weiß, du hörst mich!
